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- 01.10.2018
Die Wegemacher
Sie kennen jede Abzweigung und Kurve wie ihre eigene Westentasche, die Bergwelt ist ihr Arbeitsplatz, und ihr höchstes Tun ist es, die Wanderwege „gangbar“ zu machen. Ihre Arbeit passiert meist im Ungesehenen und wird fast schon als Selbstverständlichkeit gesehen – und doch wären die Wanderungen in der Bergwelt nicht so genussvoll und angenehm zu gehen, gäbe es nicht die Wegmacher. Um uns die Arbeit eines Wegmachers genauer vorstellen zu können, begleiten wir Sepp – einen der Wegmacher für die Bergbahnen Fieberbrunn – einen Tag lang bei seiner Tätigkeit.
Um 7:00 Uhr früh steige ich ins Wegmacher-Auto und Sepp und ich machen uns auf den Weg zur Fieberbrunner Wildalm, von wo aus wir Sepps heutigen Arbeitsplatz zu Fuß erreichen. Das Auto abgestellt, geht Sepp in Gedanken seine heute anstehenden Arbeiten durch und packt das dazu nötige Werkzeug in seine eigens angefertigte „Wegmacher-Rückentrage“. „Ein Wegmacher muss gut organisiert sein“, verteidigt Sepp seine fast schon peinliche Genauigkeit. „Wenn du am Berg oben draufkommst, dass du im Auto ein wichtiges Werkzeug vergessen hast, dann ist das verlorene Zeit!“ Mit diesen Worten machen wir uns auf in die Welt der Wanderwege.
Von gangbaren Wanderwegen und anderen gängigen Details
Ist euch bei einer Wanderung rund um den Alleskönnerberg Wildseeloder in Fieberbrunn schon mal aufgefallen, dass die Holzstufen immer im rechten Winkel zur Gehlinie angelegt sind? Oder dass eine Stufe nicht höher als zirka 18 Zentimeter ist? Und dass die Weidezaundurchgänge bestenfalls so gestaltet sind, dass auch ein älterer Mensch oder ein Elternteil mit Kind in der Rückentrage leicht durchkommt? Ist man mit Wegmacher Sepp unterwegs, könnte er diese Liste an Eigenschaften, die einen perfekten Wanderweg ausmachen, wohl endlos weiterführen. Um es an dieser Stelle abzukürzen: Die „Wanderwege gangbar zu machen“ ist Sepps erklärtes Ziel, welches all diese zuvor beschriebenen Prädikate und noch viele mehr zusammenfasst. „Gangbar“ – für uns ein bisher unbekanntes Adjektiv, für die Wegmacher jedoch Alltag. Spätestens aber, wenn man einen frisch sanierten Wanderweg „made by“ Sepp besteigt und sich dadurch die Mühen des Aufstiegs zu einem großen Teil verringern, weiß man, was Sepp mit „gangbar“ meint.
Die Wildseeloder-Wegmacher
Gemeinsam mit seinem Kompagnon Hans, ist Sepp für die Wanderweg-Infrastruktur rund um den Fieberbrunner Hausberg Wildseeloder tätig. Ihr Gebiet umfasst 16 km an Wanderwegen in den verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Die beiden sind ein eingespieltes Team und teilen ihre akribische Gründlichkeit bei der Arbeit, die Leidenschaft für die Bergwelt und ihre Einstellung zu gangbaren Wegen. Das Tätigkeitsfeld der Wegmacher ist umfassend: Wanderwege müssen markiert, Aussichtsbänke angefertigt und vom Gras befreit, „Zetten“ zurückgeschnitten, Zaunüberstiege, Stufen und Auskehren gemacht und neue Wanderwege angelegt werden. Derzeit arbeitet Sepp an der Sanierung des Wanderwegs von der Wildalphöhe zur Bergstation Lärchfilzkogel. Laut ihm ist die Sanierung dieses Weges schon längst fällig, denn aufgrund der laufenden Beanspruchung des Weges und der Verwitterung sind die Stufen vor allem für Kinder und Senioren zu hoch und teilweise schon morsch. „Unsere Gäste sollen sich an unserer Bergwelt erfreuen – dazu tragen auch die angenehm gangbaren Wanderwege ihren Teil bei“, so die Devise der Wegmacher.
Arbeit beginnt im Winter
Die jährliche Wegmacher-Arbeit beginnt schon im Winter. Während sich am Wildseeloder noch zahlreiche Freerider tummeln, die dort ihre Spur in den Tiefschnee ziehen, treffen die Wegmacher in der Werkstatt bereits Vorkehrungen, um im Frühling so rasch wie möglich mit ihren Arbeiten beginnen zu können: Wanderweg-Beschilderungen werden ausgetüftelt, Markierungsbleche, Pflöcke und Holzstufen angefertigt und Beschilderungstafeln vorbereitet. So haben Sepp und Hans auch schon die Zeit im Winter genutzt, um sich genau auszurechnen, wie viele Stufen für den neuen Wanderweg zum Lärchfilzkogel nötig sind – 62 an der Zahl sind es – und diese bereits frühzeitig vorbereitet. Wenn dann die ersten Wanderwege vom Schnee befreit sind, beginnt der Wegmacher mit seiner eigentlichen Aufgabe, und Sepp gerät ins Schwärmen, wenn er von seiner Lieblingssaison spricht: „Im Frühling ist es noch ruhig am Berg und wir Wegmacher können unserer Arbeit noch außerhalb der Wandersaison nachgehen“. Die Zeit nach dem Winter ist auch gleichzeitig die „Hochsaison“ der Wegmacher, denn alle Wege müssen auf Winterschäden überprüft und bei Bedarf saniert werden.
Wegmacher mit Publikum
Mit Beginn des Sommerbetriebs der Seilbahnen arbeitet der Wegmacher – wie es Sepp ausdrückt – mit „Publikum“, welches sich zumeist sehr interessiert und beeindruckt zeigt. Sepps Berufsfeld ist dann nicht mehr „nur“ die des Wegmachers, sondern auch des Auskunftsgebers, Beraters und Zuhörers und mit so manch‘ Wanderern ergibt sich ein netter Plausch – auch das gehört zum Wegmachen dazu.
Wegmacher als Ganzjahres-Beschäftigung
Während Sepp sich Stufe für Stufe an der Sanierung des Wanderwegs weiterarbeitet, blickt er immer wieder stolz auf das bereits geschaffte zurück. Richtig fertig ist ein Wegmacher mit seiner Arbeit aber nie. Ehe man meint, dass alle Wanderwege saniert und in Schuss gebracht wurden, beginnt die Arbeit wieder von vorne. „Genau das ist das Schöne“, strahlt Sepp, „die Arbeit geht einem nie aus!“