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  • 03.04.2018

Ein Tag als Pistenretter

Ihr Job ist umfassend, anspruchs- und verantwortungsvoll. Jeder Skigast hofft, ihre Leistungen nicht in Anspruch nehmen zu müssen und ist im Ernstfall dann doch froh, wenn eine helfende Hand so rasch wie möglich bei der Unfallstelle eintrifft. Wie der Beruf eines Pistenretters aussieht und was man mitbringen muss, um diesen Job ausüben zu können, sehen wir uns im Detail an und begleiten Mani – den Pistenrettungschef der Bergbahnen Fieberbrunn – einen Tag lang in seinem Arbeitsgeschehen.

 

08:00 Uhr: Der Tag für das Pistenrettungsteam beginnt und ein jeder begibt sich auf die für ihn heute vorgesehene Rettungsstation. Da zu dieser Zeit die Pisten großteils noch gesperrt sind, ist die erste Aufgabe eines Pistenretters, eine Probefahrt auf den in seinem Bereich umliegenden Pisten durchzuführen: Sind alle Sicherheitsabsperrungen befestigt und gut ersichtlich? Zeigen alle Pistenmarkierungstafeln in die richtige Richtung? Ist die Piste in einem einwandfreien Zustand und für die Gäste freizugeben?

 

Zurück am Stützpunkt beginnt das Warten. Der Job eines Pistenretters ist einer auf Abruf. Mani erzählt, dass manchmal Tage vergehen, ohne einen einzigen Einsatz. Und dann gibt es Tage, wo sich die Unfälle innerhalb kürzester Zeit häufen und die Pistenretter an drei Unfallstellen gleichzeitig sein müssten. Fähigkeit Nummer 1, die ein Pistenretter mitbringen muss, ist, mit der Abrufbereitschaft umgehen zu können. Nach einiger Zeit, in der wir keinen Einsatz haben, beschließen wir, unseren Kollegen beim Bahndienst an der Mittelstation der Streubödenbahn bei der Zutrittskontrolle und dem Gästezustieg ein wenig unter die Arme zu greifen. Fähigkeit Nr. 2: TEAMKOMPETENZ

 

Eine Alarmierung – Von 0 auf 100

Und plötzlich rauscht der Funk: „Pistenrettung für Talstation Streuböden bitte melden!“ Mein Herz rast und ich spüre, wie sich Nervosität in mir ausbreitet. Unser Kollege teilt uns mit, dass sich auf der Piste F1c eine Person mit Verdacht auf Knieverletzung befindet. Fähigkeit Nr. 3: SKIGEBIETSKENNTNIS
Während ich mich noch frage, ob denn wir nun für diesen Pistenabschnitt zuständig sind, ist Mani schon längst unterwegs Richtung Skidoo, das wichtigste Transportmittel für die Pistenretter. Er schnappt meine Ski, spannt sie hinten auf den Skidoo, ich nehme hinter Mani Platz. Der zweite Pistenretter Jan, der sich an diesem Tag die Schicht mit Mani auf der Mittelstation Streuböden teilt, schnallt seine Skier an und hängt sich kurzerhand an den Skidoo. Begleitet vom Alarmsignal bringt uns Mani ein Stück weit bergauf, von da nehmen Jan und ich den weiteren Weg mit den Skiern und machen uns auf die Suche nach der verletzten Person.  Fähigkeit Nr. 4: GUTES SKIFAHRERISCHES KÖNNEN

 

Am unteren Ende der besagten Piste finden wir die verletzte Dame und bekommen Unterstützung von Marcel – einem weiteren Kollegen, der den Akja zum Abtransportieren dabeihat. Die Dame wirkt verwirrt und kann sich nicht erinnern, was passiert ist. Laut Jan sind das typische Anzeichen für eine Gehirnerschütterung, von einer anfangs gemeldeten Knieverletzung kann er nichts feststellen. Fähigkeit Nr. 5: FLEXIBILITÄT
Da es bei einer Gehirnerschütterung oft zu Schwindelanfällen kommt, wäre es fahrlässig, die Dame in diesem Zustand auf dem Skidoo ins Tal zu bringen und Jan und Marcel entscheiden sich, die Dame in die Liege des Akjas zu betten. Vorher wird noch die Rettung alarmiert, welche die Dame zum Weitertransport ins Krankenhaus bei uns abholen wird.

 

Jetzt geht es Schlag auf Schlag

Das Gefühl der Erleichterung über den ersten erfolgreichen Einsatz wird von der nächsten Funkmeldung gestört. Es ist Mani, der einen weiteren Unfall im Bereich der Piste 6 mit Verdacht auf Oberschenkel-Bruch gemeldet bekommen hat. Wir sollen so schnell wie möglich zu ihn hochkommen. Oben angekommen, hat Mani schon alles für den nächsten Einsatz vorbereitet. Die Zeit läuft! Selbes Spiel wie vorher, nur nimmt Jan dieses Mal gleich den Akja mit, damit wir später alles Nötige an Ort und Stelle haben. Die Strecke, die wir mit dem Skidoo zurücklegen müssen, ist dieses Mal deutlich länger und steiler, und auf halbem Weg ruft mir Mani zu: „Haben wir den Jan eh noch mit?“ Schockiert blicke ich zurück – ja, Jan ist noch mit dabei! Doch es sieht anstrengend für ihn aus und zum Glück erreichen wir dann die Unfallstelle. In der Zwischenzeit sind einige Passanten zu Hilfe gekommen, haben die Unfallstelle bereits abgesichert und sich der verletzten Dame angenommen. Mani und Jan brauchen nicht lange, um festzustellen, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen Oberschenkelbruch handelt und es in diesem Fall am klügsten ist, die Dame mit dem Hubschrauber abtransportieren zu lassen. Fähigkeit Nr. 7: IN KURZER ZEIT EINE ENTSCHEIDUNG TREFFEN ZU KÖNNEN

 

Nachdem der Hubschrauber-Pilot alarmiert wurde, gilt es jetzt, so rasch wie möglich die komplette Piste für den Hubschrauberlandeflug zu sperren. Mani bittet ein paar der Passanten, ein Stück weit zum Start der Piste bergauf zu gehen und dort mittels ihren Skiern die Absperrung zu markieren. Der Hubschrauber-Pilot informiert Mani über Funk, dass sie schon in Sichtweite wären und gleich landen würden. Mani steht mit ausgestreckten Armen auf der Piste, um dem Hubschrauber zu signalisieren, wo er landen kann. Jan beugt sich schützend über die verletzte Dame, um sie vor dem vom Hubschrauber aufgewirbelten Schnee zu schützen, während der Hubschrauber unter ohrenbetäubendem Geräusch auf der Piste aufsetzt. Nachdem sich das Hubschrauber-Team um die Dame gekümmert und sie ins nächste gelegene Krankenhaus gebracht hat, ist der Einsatz für uns somit erledigt und wir begeben uns zurück zu unserer Station. Auf dem Rückweg darf ich selber ein Stück mit dem Akja fahren. Ist eigentlich total easy – zumindest auf einer leicht abfallenden Piste und mit dem leeren Akja. Wenn ich mir das jedoch auf einer steilen Piste, bei schlechter Sicht und mit dem Gewicht einer zu befördernden Person vorstelle, steigt meine Bewunderung für die Pistenretter nach diesem Tag fast ins Unermessliche.

 


ZAHLEN & FAKTEN:

  • Täglich sind rund 10 MitarbeiterInnen bei der Pistenrettung der Bergbahnen Fieberbrunn im Einsatz - aufgeteilt auf 6 Stationen, um im Notfall schnellstmöglich bei der betroffenen Person zu sein
  • In der Wintersaison 2017/18 wurden im Fieberbrunner Teil des Skicircus 325 verletzte Personen verzeichnet
  • Bei den Bergbahnen Fieberbrunn befinden sich fünf fixe Defibrillatoren-Standorte und sechs mit Defibrillatoren ausgestattete Akjas
  • Bei Verletzungen werden Bergekosten an die Gäste verrechnet (je nach Aufwand): € 70,- (Abtransport mit Hubschrauber & Bergbahn/Kabinenbahn) bis € 140,- (Abtransport mit Akja & Skidoo)

 

 

GOOD TO KNOW:

Wenn man im Pistenbereich auf Verletzte trifft, bitte wie folgt handeln:

  1. Absperren der Unfallstelle
  2. Erste Hilfe leisten
  3. Rasche Verständigung des Rettungsdienstes unter Angabe des Unfallortes und Verletzung:
  • Wo ist der Notfall?
  • Was ist geschehen?
  • Gibt es Verletzte? (z.B. Patient mit stechenden Schmerzen im Brustkorb, Atemnot,…)
  • Wie viele Verletzte? (z.B. 4 Verletzte nach Skiunfall)
  • Wer ruft an? (Für eventuelle Rückfragen Telefonnummer angeben)

Meldestellen sind alle Seilbahn- und Liftstationen!
Pistenrettung Bergbahnen Fieberbrunn: +43 5354 56333-15